Resilienz: Warum es so wichtig ist, unsere emotionale Widerstandsfähigkeit zu stärken

Der Begriff Resilienz wird in verschiedenen Disziplinen und Lebensbereichen verwendet, von der Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Ökonomie bis zur Bauwirtschaft, um nur die wichtigsten zu nennen. Ursprünglich aus der Physik stammend bezeichnet er die Fähigkeit eines Werkstoffes, sich verformen zu lassen und dennoch in die ursprüngliche Form zurückzufinden. Als Trendthema hat Resilienz in Unternehmen mittlerweile einen wichtigen Platz eingenommen, wenn es um die aktive Regulation und Regeneration von Stress geht, um Krisen gesund zu meistern. Denn: Das Gegenteil von Resilienz ist Verletzbarkeit – und betrifft sowohl jeden Einzelnen von uns wie auch Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt. In unserem neuen Themenspecial betrachten wir Resilienz aus unterschiedlichen Perspektiven und sprechen mit Kolleginnen und Kollegen, wie es ihnen gelungen ist, mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen umzugehen. Zum Auftakt erzählen die Sozialberaterinnen der DZ BANK, Jana-Sophia Ihle und Andrea Jung-Roediger, warum Resilienz am Arbeitsplatz wichtig ist.

Andrea Jung-Roediger

Was bedeutet Resilienz für Sie beide persönlich?
Andrea Jung-Roediger: Resilienz bedeutet für mich, die Fähigkeit zu haben, mich in schwierigen Situationen schnell zu erholen und den Herausforderungen des Lebens anzupassen …
Jana-Sophia Ihle: … und dass ich mich in stressigen Situationen nicht aus der Ruhe bringen lasse. Es geht darum, meine eigene Balance zu wahren, damit ich auch unter Druck psychisch stabil bleibe.

Warum ist Resilienz für jeden so wichtig?
Jana-Sophia Ihle: Wir leben In einer beschleunigten Welt, sind permanent erreichbar und so vernetzt wie nie zuvor. Bewusste Auszeiten vom Handy und den sozialen Medien sind die Ausnahme. Das Gefühl der Zerstreutheit und oftmals auch der Ermüdung ist dagegen die Regel. Es hilft ungemein, diese ständige Ablenkung und das Dauer-Multitasking zu reduzieren. Das Zauberwort heißt „Digital Detox“, also einfach mal offline sein und nicht jedem akustischen Signal folgen. Das regeneriert nicht nur die eigene Konzentration, sondern erhöht auch die Resilienz und damit die emotionale Widerstandsfähigkeit, mit Veränderungen und Härten im Leben zurechtzukommen …

Jana-Sophia Ihle

… und wie äußert sich eine geringe emotionale Widerstandsfähigkeit?
Andrea Jung-Roediger: Erlebe ich mich eher als Opfer meiner Lebensumstände? Habe ich den Eindruck, ich habe wenig Einfluss auf meine Entscheidungen? Scheint es meinen Mitmenschen immer besserzugehen, als mir selbst? Bei der Beantwortung dieser Fragen ist die Bewusstwerdung unserer inneren Einstellungen und Glaubenssätze enorm aufschlussreich. Deshalb sind Vertrauenskräfte sich selbst und dem Leben gegenüber so wichtig und können helfen, Bewältigungsstrategien auch in Übergangs- und Krisenzeiten zu entwickeln. Kritische Lebenssituationen wie z.B. Trennung, Verlusterfahrungen oder schwere Erkrankungen fordern mich dann nach wie vor, aber ich erinnere mich meiner Stärken, die mich hindurchtragen können.

Wie kann man die Resilienz im Alltag trainieren?
Jana-Sophia Ihle: Das Schöne ist ja, dass Resilienz nicht bei der Geburt festgelegt ist. Die Fähigkeit zur psychischen Widerstandskraft ist trainierbar, ähnlich wie ein Muskel im Fitnessstudio. Wichtig ist es, tagtäglich etwas für den Erhalt der emotionalen Balance zu tun. Also statt vieler To-do-Listen, die es regelmäßig abzuarbeiten gilt, eher regelmäßige Erholungszeiten einzuplanen und soziale Kontakte zu pflegen. Kinder und ihre Fähigkeit zum selbstvergessenen Spiel können uns Erwachsenen echte Vorbilder sein, um Resilienz zu trainieren. Diese Entschleunigung kann jeder selbst ausprobieren: Wenn wir uns in eine handwerkliche Tätigkeit mit allen Sinnen versenken, oder wenn wir meditieren, im Wald spazieren gehen oder auch einfach nichts tun. Erinnern wir uns, dass zu Beginn der Corona-Pandemie viele erstmalig wieder angefangen haben, allein auf dem Sofa ein gutes Buch zu lesen. Eben weil sie erleichtert waren, nichts mehr im sozialen oder kulturellen Leben zu verpassen.

Andrea Jung-Roediger: Für mich ist es wichtig, Rituale und Gewohnheiten in meinen Alltag einzubauen, die mich durch den Tag tragen, wie etwa der Ingwertee am Morgen oder die zwei Flaschen Mineralwasser auf dem Schreibtisch. Darüber hinaus bin ich ein ausgeprägter Bewegungsmensch. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie mich oft in der Bank umherlaufen sehen – nach oder vor anspruchsvollen virtuellen Teams-Sitzungen Auch das hilft mir, Spannungen abzubauen. Zudem kommen mir gerade beim Treppenlaufen oftmals die besten Ideen für Kurzvorträge oder Moderationen. Hilfreich ist es auch, regelmäßig eine „Biopause“ im Arbeitsalltag einzulegen: Spaziergang im Freien, oder eine kurze Yogasitzung, oder mal einen Apfel essen – aber nicht vor dem Bildschirm.