Regulierung und Energiekosten erschweren Transformation für viele Unternehmen

v.l.n.r.: Friedrich Luithlen (DZ BANK), Svea Scherleithner (Heraeus Precious Metals) und Stephan Ortolf (DZ BANK)

Der Standort Deutschland befindet sich am Scheideweg. Ob das Gütesiegel „Made in Germany“ auch in den nächsten Jahrzehnten weiter für Spitzenqualität stehen wird, entscheidet sich vor allem daran, ob die Transformation zu einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft gelingt.Die deutsche Industrie hat einen der größten Hebel, die Treibhausgaseffekte im Land erheblich zu senken. Dafür sind jedoch massive Investitionen in die Infrastruktur, in Produktionsstätten und den Aufbau von Knowhow nötig. ESG-Faktoren sind zu zentralen Entscheidungskriterien in Banken und Realwirtschaft geworden. Die meisten Unternehmen haben mittlerweile einen Fahrplan für ihre nachhaltige Transformation, oft mangelt es jedoch an der Umsetzung.

Viele Unternehmen sind mit Regulatorik überfordert

„Regulierungswut und Energiekosten bremsen die Transformation aus“, erklärt Stephan Ortolf, Leiter des Firmenkundenzentralbereichs der DZ BANK, in einem Pressegespräch. Zwar habe die nachhaltige Transformation für die Kunden der Bank besondere Priorität und es gebe kein Gespräch mehr, in dem der Kunde das Thema nicht aktiv anspreche. Dennoch überfordere viele die Geschwindigkeit, mit denen regulatorische Anforderungen umgesetzt werden müssen. „Viele haben Angst, künftig nicht mehr bankable zu sein“, so Ortolf. Zusätzlich dazu hielten anhaltend hohe Energiepreise die Unternehmen davon ab, mehr in ihre Transformation zu investieren. Und auch die Zinswende könnte zur Gefahr werden, denn die Finanzierung von Nachhaltigkeitsprojekten werde seit Monaten teurer.

Mittelständler scheuen bislang häufig den Gang an den Kapitalmarkt

Dabei gäbe es eine weitere, im Mittelstand allerdings bislang nur punktuell genutzte Finanzie-rungsquelle: „Die Unternehmen lassen am Kapitalmarkt Finanzierungspotenzial liegen“, sagt Friedrich Luithlen, Leiter Debt Capital Markets der DZ BANK. „Viele Mittelständler haben bislang wenig Erfahrung am Kapitalmarkt gesammelt und setzen bei einem größeren Finanzierungsbedarf eher auf den Cashflow.“ Der reiche aber angesichts des massiven Investitionsbedarfs in einigen Branchen oft nicht aus. Für nachhaltig orientierte Investoren sei der Mittelstand hingegen sehr interessant. „Viele Unternehmen sind bonitätsstark und innovativ und genießen einen hervorragenden Ruf – Eigenschaften, die am Markt gefragt sind.“ Da der erstmalige Gang an den Kapitalmarkt mit Kosten verbunden sei, müssten vom Staat Anreize geschaffen werden, um die Zugänge zu erleichtern, so Luithlen. 

Nachhaltigkeit muss Teil aller wichtigen Entscheidungsprozesse im Unternehmen sein 

Um die nachhaltige Transformation erfolgreich umzusetzen, müssen Unternehmen ihre Be-triebsprozesse zum Teil grundlegend umstellen. „Nachhaltigkeit muss Teil aller wichtigen Ent-scheidungsprozesse im Unternehmen sein“, sagt Svea Scherleithner, Global Head of Sustainability bei Heraeus Precious Metals, der Edelmetallsparte des global agierenden Familienunternehmens. Die Edelmetallprodukte von Heraeus Precious Metals leisten einen entscheidenden Beitrag zu Nachhaltigkeit. Zum Beispiel in Katalysatoren zur Abgasreinigung oder der Herstellung von grünem Wasserstoff. „Unsere Verantwortung geht über den Beitrag unserer Produkte hinaus“, so Scherleithner. Mit der Umstellung auf grünen Strom und Maßnahmen zur Energieeinsparungen und Wärmerückgewinnung hat das Unternehmen allein in den letzten drei Jahren die CO2-Emissionen um 25 Prozent gesenkt. Es werden aber auch vollkommen neue Technologien entwickelt, um Energie einzusparen. So zum Bespiel ein elektrisch betriebener Kammerofen. Ein weiterer Hebel zur Reduktion der CO2-Ausstöße von Heraeus Precious Metals ist Recycling. Das Unternehmen ist schon seit Jahrzehnten einer der größten Edelmetallrecycler weltweit. „Um unsere Recyclingkapazitäten zu erweitern, haben wir zwischen 2018 und 2026 Investitionen von rund 300 Mio. Euro vorgesehen“, so Scherleithner. 

Lisa Unbehaun